Radiusköpfchenfraktur: Ursachen, Bruchformen und Behandlung
Die Radiusköpfchenfraktur macht ungefähr 30 Prozent der Brüche am Ellenbogengelenk aus und ist bei Erwachsenen der häufigste Bruch in diesem Bereich. Sie tritt bei Frauen und Männern gleichermaßen häufig auf. Es handelt sich um einen Bruch des Speichenknochens im Bereich des Ellenbogens. Häufig sind Stürze die Ursache für eine Radiuskopffraktur. Der Arzt unterscheidet verschiedene Bruchformen, die in unterschiedlicher Schwere auftreten. Bei komplexen Frakturen kann es auch zu Kapsel- und Bandverletzungen kommen.
Die Radiusköpfchenfraktur macht sich mit Schmerzen im Ellenbogen und mit Schwellungen bemerkbar. Eine frühzeitige Behandlung ist notwendig, um die vollständige Bewegung des Arms wiederherzustellen. Das Radiusköpfchen ist wichtig für die Bewegung des Ellenbogens und die Drehung des Unterarms. Die Behandlung kann auf verschiedene Weise erfolgen. Nicht immer ist eine Operation notwendig.
Was ist das Radiusköpfchen?
Das obere Ende des Speichenknochens wird als Radiusköpfchen bezeichnet. Das Radiusköpfchen spielt bei der Biomechanik des Ellenbogengelenks eine zentrale Rolle. Der Oberarmknochen (Humerus) ist mit den beiden Unterarmknochen Elle (Ulna) und Speiche (Radius) durch das Ellenbogengelenk verbunden. Das Ellenbogengelenk ermöglicht eine Beugung (Flexion) des Unterarms bis zu 150 Grad. Vor allem bei Frauen und Kindern kommt es mitunter zu einer Überstreckung (Extension) bis zu 10 Prozent über die Neutralstellung hinaus. Der Unterarm lässt sich einwärts (Pronation) und auswärts (Supination) jeweils um bis zu 90 Grad drehen.
Die Einwärts- und Auswärtsdrehung des Unterarms um seine Längsachse wird erst durch das Radiusköpfchen möglich. Umso wichtiger ist daher eine frühzeitige Behandlung einer Radiusköpfchenfraktur. Nicht nur die Radiuskopffraktur selbst, sondern auch eine begleitende Bandverletzung muss behandelt werden, um Spätfolgen und Komplikationen zu vermeiden.
Bestandteile und Funktion des Ellenbogengelenks
Das Ellenbogengelenk besteht aus drei Komponenten, die von der Gelenkkapsel umschlossen werden und eine funktionelle Einheit bilden:
- Humeroulnargelenk zwischen Oberarmknochen und Elle
- Humeroradialgelenk zwischen Oberarmknochen und Speiche
- Proximales Radioulnargelenk als Verbindung der oberen Bereiche von Elle und Speiche, mit der Umwendbewegungen des Unterarms möglich werden.
Das Ellenbogengelenk ist ein Drehscharniergelenk, da es Beuge- und Streckbewegungen sowie Einwärts- und Auswärtsdrehungen ermöglicht. Das Radiusköpfchen dreht sich bei der Einwärts- und Auswärtsdrehung des Unterarms um seine Längsachse.
Die beiden Unterarmknochen stehen zueinander parallel, wenn die Handfläche beim nach vorn gestreckten Arm nach oben zeigt. Elle und Speiche überkreuzen sich, wenn die Handfläche nach unten zeigt. Das Ringband (Ligamentum anulare) als Teil der Gelenkkapsel hält das Radiusköpfchen bei der Drehbewegung. Es hat eine mit Knorpel überzogene Innenfläche, damit sich der Radiuskopf reibungslos drehen kann.
Das Radiusköpfchen kann bis zu 60 Prozent der in Richtung Körperachse wirkenden Kräfte vom Handgelenk auf den Oberarm übertragen. Es stabilisiert zusammen mit den Bandstrukturen das Ellenbogengelenk gegenüber Aufdehnungen gegen die Mittellinie nach außen.
Ursachen der Radiusköpfchenfraktur
Das Radiusköpfchen bricht bei einem Sturz auf die Hand, wenn der Arm gestreckt oder leicht gebeugt ist und der Betroffene versucht, sich mit der Handfläche am Boden abzustützen. Das Handgelenk nimmt die Unfallenergie auf und leitet sie über die Speiche zum Ellenbogen. Über die Hand und den gestreckten Arm entsteht eine massive ruckartige Krafteinwirkung auf das Ellenbogengelenk. Der Unterarm dreht sich einwärts. So werden Radiuskopf und Radiushals verletzt. In diesem Fall ist indirekte Gewalteinwirkung der Auslöser der Radiusköpfchenfraktur. Das Radiusköpfchen kann brechen, wenn es gegen das massive Ende des Oberarmknochens prallt. Eine Radiusköpfchenfraktur ist umso wahrscheinlicher, je stärker bei einem Sturz das Ellenbogengelenk gestreckt ist.
Ein direkter Sturz oder Schlag auf den Ellenbogen führt deutlich seltener zu einem Bruch des Radiusköpfchens.
Das Alter spielt bei den Ursachen für die Radiusköpfchenfraktur keine Rolle, da alle Altersgruppen betroffen sein können. Das Durchschnittsalter liegt bei ungefähr 40 Jahren. Die Gefahr einer Radiuskopffraktur besteht vor allem bei sportlich aktiven Menschen.
Akute Symptome der Radiusköpfchenfraktur
Eine Radiusköpfchenfraktur macht sich mit Ellenbogenschmerzen und Schwellungen an der Außenseite bemerkbar. Oft ist die Beweglichkeit des Ellenbogens eingeschränkt.
Ist das Radiusköpfchen gebrochen, gelten
- Druckschmerz über dem betroffenen Speichenköpfchen
- bis in die Hand ausstrahlende Schmerzen an der Außenseite des betroffenen Ellenbogens
- Rötung, Schwellungen und Hämatome am betroffenen Ellenbogen
- eingeschränkte Beweglichkeit des Ellenbogens, verbunden mit Schmerzen bei Bewegung als Leitsymptome.
Die Außenseite des Ellenbogens schmerzt häufig. Die Schmerzen strahlen oft bis in die Hand aus. Druck auf das betroffene Radiusköpfchen verursacht starke lokale Schmerzen. Nur unter zunehmenden Schmerzen können die Betroffenen den Ellenbogen strecken und beugen und den Unterarm nach innen und außen drehen.
Bilden sich im Ellenbogenbereich Blutergüsse und treten Schwellungen auf, kann das auf eine Kapsel- und Bandverletzung hindeuten. Eine Einblutung in das Gelenk schränkt den Ellenbogen deutlich in seiner Beweglichkeit ein. Das Gelenk kann in seiner Beweglichkeit sogar komplett blockiert sein, wenn die Fraktur verschoben ist (Dislokation). Der Sturz kann zusätzlich Elle und Oberarmknochen schädigen.
Selbst bei schwerwiegenden Verletzungen sind Nervenschäden nur selten. Ist der am Ellenbogen verlaufende Nervus radialis verletzt, zeigt sich das mit Sensibilitätsstörungen im Bereich der Hand. Die Funktion der Hand kann beeinträchtigt sein. Durch einen Bruch des Ellenbogengelenks kann es darüber hinaus zu einer Fehlstellung des Unterarms gegenüber dem Oberarm kommen.
Bruchformen und deren Klassifikation: Auf welche Arten das Radiusköpfchen brechen kann
Bricht das Radiusköpfchen, können
- unverschobene Brüche
- knöcherne Abscherungen
- Trümmerbrüche des Radiusköpfchens
auftreten. Bei komplexen Brüchen können Kapsel- und Bandverletzungen als Begleiterscheinungen auftreten. Solche Begleiterscheinungen beeinflussen die Schwere der Verletzung und sind relevant für die Nachbehandlung und das zu erwartende Ergebnis.
Klassifikation nach Mason
Die Schwere und die Bruchformen der Radiusköpfchenfraktur werden nach der Mason-Klassifikation eingeteilt. Dabei werden die Anzahl der Bruchfragmente und deren Verschiebung (Dislokation) berücksichtigt. Diese Kriterien sind auch relevant für die Schwere der Verletzung.
Typ 1:
Die Typ-1-Fraktur ist ein einfacher Knochenbruch mit zwei Fragmenten, die nicht oder nur gering, weniger als 2 Millimeter, verschoben sind. Das Knochenfragment ist von der Speiche weniger als zwei Millimeter abgekippt und befindet sich direkt an der Bruchstelle.
Typ 2:
Bei der Typ-2-Fraktur sind zwei Fragmente vorhanden, die um mehr als 2 Millimeter verschoben sind. Das abgebrochene Knochenstück weicht mindestens 2 Millimeter von der Speiche ab. Die knorpelige Gelenkfläche kann betroffen sein.
Typ 3:
Die Typ-3-Fraktur ist kompliziert, da das Radiusköpfchen in mehrere Teile zerbrochen ist. Es handelt sich um einen Trümmerbruch.
Typ 4:
Die Typ-4-Fraktur wird als Radiuskopfluxationsfraktur bezeichnet. Das Radiusköpfchen ist gebrochen. Zusätzlich ist es aus dem Ellenbogengelenk ausgekugelt (Luxation). Der Facharzt muss zusätzlich zu den knöchernen Verletzungen auch die Verletzungen von Bandapparat und Weichteilen behandeln.
Gebrochenes Radiusköpfchen und Begleitverletzungen
Liegt eine Radiusköpfchenfraktur vor, treten bei bis zu 30 Prozent der Betroffenen zusätzlich Verletzungen anderer knöcherner Strukturen und des umliegenden Bandapparates auf. Die Bänder können schon bei einer einfachen Radiusköpfchenfraktur verletzt sein.
Das Außenband verstärkt die Gelenkkapsel des Ellenbogengelenks und ist am häufigsten betroffen. Auch das Ringband und andere stabilisierende Seitenbänder sowie die Gelenkkapsel können verletzt sein, was zu einem instabilen Ellenbogengelenk führt.
Eine kräftige Bindegewebsschicht verbindet Elle und Speiche über die gesamte Länge. Für die Unterarmmuskulatur bietet diese Membran eine breite Ansatzfläche. Auch sie kann betroffen sein. Eine solche Verletzung ist oft nur schwer zu erkennen, was für die Funktion des Arms schwere Folgen haben kann.
Die starke axiale Krafteinwirkung kann zusätzlich zu Brüchen am unteren Ende des Oberarmknochens und im Bereich des Handwurzelknochens führen. Auch der Kronenfortsatz der Elle kann brechen.
Sind weitere knöcherne Teile des Ellenbogengelenks bei einem Trümmerbruch gebrochen und Bänder verletzt, liegt eine Unhappy-Triade-Verletzung vor. Anders als ein einfacher Radiuskopfbruch ist diese Verletzung hoch instabil. Eine falsche oder unzureichende Versorgung kann später das Ellenbogengelenk in seiner Funktion stark einschränken.
Im Hinblick auf diese Begleitverletzungen ist die Radiusköpfchenfraktur nicht nur eine rein knöcherne Verletzung. Bei der Erstdiagnostik und bei der weiteren Behandlung müssen solche die Knochen und Bänder betreffenden Verletzungen unbedingt berücksichtigt werden, um Spätfolgen zu vermeiden.
Sonderfälle bei gebrochenem Radiusköpfchen
Stürzt der Betroffene bei ausgestrecktem Arm auf die Hand, wirkt auf Handgelenk, Unterarm und Ellenbogen eine massive Kraft ein. Das hochenergetische Trauma kann die anatomischen Strukturen in einer Kettenreaktion verletzen.
Essex-Lopresti-Fraktur
Ist die Bindegewebsschicht zwischen Elle und Speiche verletzt und das Radiusköpfchen gebrochen, handelt es sich um eine Essex-Lopresti-Verletzung. Diese seltene Kombinationsverletzung am Unterarm, die erstmals 1951 vom Unfallchirurgen Peter Essex-Lopresti beschrieben wurde, ist durch einen Bruch von Radiusköpfchen und Radiushals gekennzeichnet. Die derbe Bindegewebsschicht zwischen Elle und Speiche ist vollständig gerissen. Die Elle ist aus dem unteren Ellen-Speichen-Gelenk herausgesprungen und verschoben. Diese Verletzung wird als Subluxation bezeichnet.
Monteggia-Äquivalent-Fraktur
Ist die Elle im oberen Anteil (proximal) gebrochen oder sind der Ellenbogenhöcker und das Radiusköpfchen in Kombination gebrochen, liegt eine Monteggia-Äquivalent-Verletzung vor. Bei einer Monteggia-Verletzung ist das Radiusköpfchen aus dem Ellenbogengelenk ausgerenkt.
Komplikationen und Spätfolgen bei einer Radiusköpfchenfraktur
Ist eine Radiusköpfchenfraktur mangelhaft verheilt, kann die Bewegung stark eingeschränkt sein. Es kann zu einer dauerhaften Instabilität des Ellenbogens kommen. Spätfolgen und Komplikationen bei einem gebrochenen Radiusköpfchen können Ellenbogenarthrose (vorzeitiger Gelenkverschleiß), Ellenbogensteife und schlimmstenfalls eine Radiusköpfchennekrose (Absterben von Gewebe) sein.
Eine Radiusköpfchenfraktur kann zu akuten Komplikationen und Spätfolgen führen, die durch die Verletzung verursacht werden. Spätfolgen können auch auftreten, wenn die Behandlung verzögert oder nicht optimal erfolgt ist. Eine Bewegungseinschränkung des Ellenbogens gehört zu den häufigsten Komplikationen. Kommt es aufgrund der Radiusköpfchenfraktur zu einem Funktionsverlust des Gelenks, ist der Betroffene in vielen Tätigkeiten im Beruf und im Alltag beeinträchtigt. Das verursacht für die Patienten einen hohen Leidensdruck. Um Folgeschäden zu vermeiden, kommt es auf eine gute fachärztliche Behandlung der Radiusköpfchenfraktur an. Betroffene sollten sich an Ellenbogenspezialisten in einer Gelenk-Klinik wenden, die sie beraten.
Gebrochener Radiuskopf als Ursache für Bewegungseinschränkungen
Als Spätfolgen einer Radiuskopffraktur können dauerhafte Bewegungseinschränkungen zurückbleiben. Der Radiuskopf ist vor allem für die Umwendbewegung des Unterarms wichtig. Ist die Radiuskopffraktur fehlerhaft verheilt, kann es zu einer Stufenbildung im Bereich der Gelenkflächen kommen. Eine reibungslose Gelenkbeweglichkeit wird damit unmöglich.
Sind Knochenfragmente oder freies Knorpelgewebe im Gelenkspalt eingeklemmt, wird der Unterarm in seiner Einwärts- und Auswärtsdrehung blockiert. In unmittelbarer Nähe des Radiusköpfchens verläuft anatomisch der Nervus radialis. Zu Missempfindungen im Bereich des Handrückens kommt es bei Schädigungen dieses Nervs. Das kann zu Lähmungen im Bereich des Unterarms führen. Die Handstreckung ist gestört.
Ellenbogensteife als Folge einer Radiusköpfchenfraktur
Ist das Radiusköpfchen gebrochen, kommt es häufig zu einer chronischen Bewegungseinschränkung des Ellenbogengelenks. Der Bruch selbst kann die Ursache einer Ellenbogensteife sein. Eine Narbenbildung innerhalb der Gelenkkapsel tritt infolge des natürlichen Heilungsprozesses bei einer Verletzung des Radiuskopfs auf. Die Funktion des Ellenbogens wird beeinträchtigt, wenn die Verwachsungen und Narben im Gelenk von einer verdickten Gelenkkapsel begleitet werden.
Mittelfristig kann eine Kapselschrumpfung mit einer nachfolgenden Steife des Ellenbogengelenks auftreten, da der Patient aufgrund der ausgeprägten Schmerzen eine Schonhaltung einnimmt und den betroffenen Arm meistens in einer Beugestellung von 90 Grad hält. Eine Ellenbogensteife kann sich auch ausbilden, wenn das Gelenk über längere Zeit mit Gips ruhiggestellt wurde. Auch eine Operation einer Radiusköpfchenfraktur kann eine Ellenbogensteife verursachen. In der Folge schrumpft die Gelenkkapsel und verliert ihre Elastizität. Die Patienten spüren den deutlich eingeschränkten Bewegungsumfang. Oft ist der Patient nicht nur bei der Streckung des Arms eingeschränkt, sondern auch die Auswärtsdrehung des Unterarms kann behindert sein.
Chronische Instabilität des Ellenbogengelenks
Nicht nur die Gelenkkapsel, sondern auch Ansätze von Bändern und Sehnen können je nach Schwere der Radiuskopffraktur zusätzlich verletzt sein. Eine Instabilität des Ellenbogengelenks kann eintreten, wenn die Ansätze der Bänder und Sehnen nicht adäquat anheilen. Die Betroffenen können das mitunter muskulär kompensieren. Ein chronischer Tennisellenbogen kann auch die Folge einer früheren Verletzung sein, die zu einer unterschwelligen Bandinstabilität führte. Langfristig werden die Sehnenansätze häufig überlastet.
Arthrose des Ellenbogengelenks
Ist der Radiuskopf nach einem Bruch nicht richtig verheilt und in der Folge eine Gelenkinstabilität eingetreten, kann im Ellenbogengelenk ein vermehrter Knorpelabrieb eintreten. Die Folge ist ein vorzeitiger Gelenkverschleiß (Arthrose). Dieser Verschleiß beeinträchtigt die Beugung und Streckung des Ellenbogengelenks und die Umwendbewegung des Unterarms. Häufig tritt eine solche posttraumatische Ellenbogenarthrose erst viele Jahre nach der Fraktur des Ellenbogens ein.
Durchblutungsstörungen und Absterben des Radiusköpfchens (Nekrose)
Ist das Radiusköpfchen gebrochen, können in der Begleitung Blutgefäße verletzt sein. Das ist häufig bei einem Trümmerbruch der Fall. Diese Blutgefäße versorgen den Knochen. Bei einer Verletzung kommt es zu einer Minderversorgung des Knochens. Die Durchblutungsstörung kann das Radiusköpfchen absterben lassen. In diesem Fall liegt eine Radiusköpfchennekrose vor.
Unerkannte Begleitverletzungen und mögliche Spätschäden
Häufig kommt es bei einer Radiusköpfchenfraktur zu Verletzungen des umliegenden Bandapparates und zu Verletzungen der knöchernen und knorpeligen Anteile der umliegenden Strukturen. Der Oberarmknochen, aber auch Elle und Ellenbogengelenk können geschädigt sein.
In seltenen Fällen kann es bei der Radiusköpfchenfraktur auch zu einem Bruch des Handgelenks kommen. Werden solche Begleitverletzungen bei der Diagnostik nicht erkannt, können Komplikationen und Folgeschäden entstehen. Der betroffene Unterarm und die Hand können in ihrer Funktion eingeschränkt sein. Für den Patienten bedeutet das einen komplizierteren und langwierigeren Verlauf der Behandlung.
Diagnostik der Radiusköpfchenfraktur: Wie der Arzt den Bruch untersucht
Ist der Radiuskopf gebrochen, hat der Patient zumeist im Bereich von Ellenbogen und Unterarm starke Schmerzen. Die Beweglichkeit ist meistens stark eingeschränkt. Es kann zusätzlich zu einer Verletzung des Bandapparats und der Gelenkkapsel am Ellenbogen kommen.
Die Diagnostik ist wichtig, um die Bruchform und die Begleitverletzungen festzustellen. Auf diese Verletzungen wird die Behandlung durch den Facharzt abgestimmt, um Komplikationen und Spätfolgen zu vermeiden.
Wer vermutet, dass das Radiusköpfchen gebrochen ist, sollte umgehend einen Facharzt konsultieren und ihm den Unfallhergang schildern. Schon die Schilderung des Unfallhergangs kann auf eine Radiusköpfchenfraktur hinweisen. Zumeist berichten die Patienten, dass sie bei gestrecktem oder leicht gebeugtem Arm auf die Hand gestürzt sind.
Klinische Untersuchung
Neben der Anamnese ist die klinische Untersuchung des betroffenen Arms ein wichtiger Bestandteil der Diagnose. Hat der Patient eine Schwellung im Ellenbogenbereich, muss er den Arm angewinkelt am Körper halten. Ein lokaler Druckschmerz über dem betroffenen Radiusköpfchen an der Außenseite des Ellenbogens ist typisch für die Radiusköpfchenfraktur. Zusätzlich ist das Ellenbogengelenk stark in seiner Beweglichkeit eingeschränkt.
Eine Ein- und Auswärtsbewegung des Unterarms gegen Widerstand kann den Schmerz verstärken. Besteht ein Verdacht auf eine Radiuskopffraktur, muss auch das Handgelenk untersucht werden, um Verletzungen zu erkennen oder auszuschließen.
Der Facharzt untersucht auch die vom Körperzentrum entfernte Durchblutung, um Gefäßverletzungen oder Nervenschäden auszuschließen. Zusätzlich untersucht er Sensibilität und Beweglichkeit von Unterarm- und Handbereich. Eine neurologische Untersuchung muss erfolgen, wenn begleitende Nervenschädigungen vorliegen.
Röntgen als apparative bildgebende Diagnostik
Die Röntgenuntersuchung des Ellenbogens in zwei Ebenen ist eine Standarduntersuchung bei einer Radiuskopffraktur. Der Strahlengang erfolgt bei dieser Untersuchung von vorn nach hinten durch das Ellenbogengelenk. Weiterhin ist eine seitliche Aufnahme des Ellenbogengelenks erforderlich. Mit einer Röntgenaufnahme können die Frakturen Typ 1 und 2 nach Mason sicher festgestellt werden.
Bei einer Radiuskopffraktur ist auch eine Untersuchung des unteren Ellen-Speichengelenks am Übergang zur Hand erforderlich. Eine radiologische Untersuchung kann eine Essex-Lopresti-Verletzung ausschließen.
Weitere bildgebende Verfahren: Computertomografie, Volumentomografie und Magnetresonanztomografie
Kann die Fraktur mit der Röntgenuntersuchung nicht sicher beurteilt werden oder ist sie kompliziert, muss zusätzlich eine Computertomografie (CT) oder digitale Volumentomografie (DVT) erfolgen.
Der Bruch kann mit diesen Untersuchungen eindeutig nach Mason klassifiziert werden. Auch mögliche knöcherne Begleitverletzungen lassen sich damit feststellen, genau wie ein instabiles Ellenbogengelenk durch einen instabilen Bruch. Das Gelenk wird durch den Radiuskopf und den knöchernen Vorsprung der Elle nach vorn stabilisiert.
Die Magnetresonanztomografie (MRT) stellt begleitende Verletzungen des stabilisierenden Bandapparates und der Gelenkkapsel optimal dar.
Behandlung der Radiusköpfchenfraktur: Die richtige Therapie
Ist das Radiusköpfchen gebrochen, muss durch die geeignete Therapie die optimale Funktionsfähigkeit im Ellenbogengelenk wiederhergestellt werden. Nicht nur die vorliegende Verletzung sollte entscheidend für die Therapiewahl sein. In das Therapiekonzept müssen auch die persönlichen Anforderungen des Patienten, sein allgemeiner Gesundheitszustand und seine Aktivitäten in Freizeit und Beruf einbezogen werden.
In der Gelenkklinik verfügen die Ellenbogenspezialisten über langjährige Erfahrungen mit solchen Verletzungen und können eine stadiengerechte Therapie vornehmen. Das Verletzungsmuster wird ebenso berücksichtigt wie die individuellen Ansprüche des Patienten an die Funktionsfähigkeit seines Arms. Auch die Begleitverletzungen und die zu erwartende Prognose sind relevant für die Therapie.
Konservative Therapie
Ist der Bruch nicht oder nur gering verschoben und liegen keine begleitenden Verletzungen der Bänder vor, erfolgt eine konservative Behandlung. Sie ist vor allem bei Typ-1-Frakturen nach Mason wichtig. Der betroffene Arm wird temporär mit einem Tragetuch oder einem Oberarmgips ruhiggestellt, um den Akutschmerz zu lindern. Um eine Versteifung des Ellenbogengelenks oder eine Bewegungseinschränkung zu vermeiden, sollte die Ruhigstellung höchstens eine Woche lang erfolgen.
Die Ruhigstellung kann durch eine Schmerztherapie mit nichtsteroidalen Schmerzmitteln ergänzt werden, um die Beschwerden zu lindern. Das Ellenbogengelenk muss im Anschluss an die konservative Therapie frühzeitig mobilisiert werden. Eine Röntgenkontrolle erfolgt zwei Wochen nach dem Unfall, um Verschiebungen der Fraktur während des Heilungsprozesses zu erkennen.
Operative Therapie
Eine operative Therapie ist notwendig, wenn das gebrochene Knochenfragment um mehr als 2 Millimeter vom Radiusköpfchen verschoben ist. Das Radiusköpfchen muss optimal rekonstruiert werden, damit chronische Schmerzen und ein Funktionsverlust im Ellenbogengelenk vermieden werden. Das Ausmaß des Bruchs entscheidet über den Umfang der Operation.
Bei einer Trümmerfraktur ist die Operation eine Herausforderung. Das Radiusköpfchen stabilisiert den Ellenbogen und muss durch eine Rekonstruktion oder einen prothetischen Ersatz wiederhergestellt werden. Im Rahmen der Operation werden auch Begleitverletzungen behandelt, damit das Gelenk wieder stabil wird.
Radiusköpfchen rekonstruieren mit Schrauben und Plättchen
Liegt eine Typ-2-Fraktur mit einem um mehr als 2 Millimeter verschobenen Bruchstück vor, erfolgt die Versorgung meistens mit Kleinstfragment-Schrauben oder Plättchen. Diese als Osteosynthese bezeichnete Operation ist minimalintensiv möglich. Bei dieser Operation wird das verschobene Knochenfragment in seine ursprüngliche anatomische Lage gebracht und fixiert. So wird eine Stufenbildung der Gelenkfläche vermieden.
Bei korrekter Lage müssen die Schrauben oder Plättchen später nicht unbedingt wieder entfernt werden. Während der Operation können auch Begleitverletzungen der Bänder versorgt werden.
Bei einem Trümmerbruch kann das Radiusköpfchen nicht immer rekonstruiert werden. In einer Akutsituation muss eine Radiusköpfchenprothese implantiert werden, um das Ellenbogengelenk zu stabilisieren. In korrekter Stellung können auch Kapsel- oder Bandverletzungen versorgt werden, sodass sie ausheilen.
Ist der Bandapparat auf der Innenseite stabil und der dreieckige Knochenvorsprung der Elle intakt, kann das Radiusköpfchen entfernt werden, ohne dass eine Prothese eingesetzt wird. Am Radiushals bildet der Körper einen knorpeligen, narbigen Ersatz aus. Bei Trümmerfrakturen kommt es fast immer zu Begleiterscheinungen. Im Akutfall ist die ersatzlose Entfernung des Radiuskopfes daher eher eine Ausnahme.
Muss das Radiusköpfchen durch eine Prothese ersetzt werden, stellt das eine technische Herausforderung dar. Die Prothese muss den gleichen Durchmesser wie der ursprüngliche Radiuskopf haben. Im Verhältnis zum Gelenkbereich der Elle darf die Prothese nicht zu weit hervorstehen, um spätere Beschwerden, Bewegungseinschränkungen und einen verstärkten Knochenabrieb im Ellenbogengelenk zu vermeiden.
Radiusköpfchenfraktur und Nachbehandlung
Nach einer Radiuskopffraktur muss die Funktion des Ellenbogens wiederhergestellt werden. Die Nachbehandlung ist abhängig von der erfolgten Therapie. Eine Nachbehandlung durch Physiotherapie sollte frühzeitig angestrebt werden, um das Risiko späterer Bewegungseinschränkungen zu minimieren.
Bei einer konservativen Therapie sollte spätestens nach sieben Tagen eine Bewegungstherapie des Ellenbogengelenks erfolgen, um Einschränkungen in der Bewegung zu vermeiden.
Wurde die Radiuskopffraktur operativ versorgt, ist eine frühzeitige Beübung ebenfalls sinnvoll. In den ersten Wochen ist das aufgrund von möglicherweise mitbehandelten Begleitverletzungen nur eingeschränkt möglich, da es sonst zu Instabilität kommen kann. Der Arzt muss abwägen, ob eine Ruhigstellung mit der Gefahr der Einsteifung oder eine frühe Beübung, verbunden mit dem Risiko der Instabilität, mehr Nutzen für den Patienten bringt.
Nach einem komplikationslosen Verlauf kann nach sechs Wochen ein intensives Beübungsprogramm starten. Auch ein dosiertes Krafttraining ist möglich.
Radiusköpfchenfraktur nachbehandeln mit Physiotherapie und Übungen
Um die Funktion des Ellenbogengelenks wiederherzustellen, sollte die Radiuskopffraktur mit Physiotherapie und Übungen nachbehandelt werden. Unabhängig davon, ob der Radiuskopf konservativ oder operativ behandelt wurde, eignen sich die folgenden Übungen.
Schon am ersten Tag sollten die Gelenke von Schulter und Hand aktiv bewegt werden. Das Ellenbogengelenk sollte dabei nicht belastet werden. Zusätzlich regt der Patient den für die Regenration erforderlichen Stoffwechsel an. Eine Versteifung der angrenzenden Gelenke wird vermieden. Die Muskulatur des oberen Rumpfes und des Arms wird auch durch de Mobilisation des Schulterblatts und eine aufrechte Körperhaltung entlastet. Der Patient kann Schmerzen und einer Schonhaltung vorbeugen.
Schon ab dem 1. Tag sind die Übungen für die angrenzenden Gelenke möglich:
Schulterkreisen
Bei dieser Übung gilt es, Verspannungen vorzubeugen und den Stoffwechsel anzuregen. Das wird mit Bewegungen von Schultermuskulatur und Schulterblatt erreicht.
Der Patient steht oder sitzt. Der betroffene Arm ist mit Gips oder einer Schiene ruhiggestellt.
Mit den Schultern führt der Patient eine Kreisbewegung nach hinten durch. Er lässt die Arme locker hängen und führt die Bewegung aus den Schultern aus. Die Bewegung nach hinten unten wird bei der Kreisbewegung betont.
Ein Satz umfasst die Wiederholung der Übung 15- bis 20-mal. Der Patient sollte zwei bis drei Sätze mit jeweils einer Pause von 30 Sekunden ausführen.
Hoch- und runterziehen der Schultern
Diese Übung soll die Halswirbelsäule entlasten, indem die Schulter-Nackenmuskulatur angespannt wird. Sie kann anschließend besser entspannen.
Der Patient kann stehen oder sitzen und hat den betroffenen Arm mit Schiene oder Gips ruhiggestellt.
Der Patient zieht die Schultern in Richtung Ohren und senkt sie dann langsam wieder ab. Zuerst startet er mit kleinen Bewegungen und steigert sie zunehmend. Die Übung sollte mit der Atmung kombiniert werden. Beim Hochziehen der Schultern atmet der Patient ein, beim Absenken wieder aus.
Ein Satz besteht aus 10 bis 15 Wiederholungen. Der Patient führt zwei bis drei Sätze mit einer Pause von jeweils 30 Sekunden aus.
Entspannung und Dehnung der Atemhilfsmuskulatur
Die Atemhilfsmuskulatur wird durch die Kombination von Anspannung und Atmung sanft gedehnt. Das führt zu einer Spannungssenkung, die den Patienten leichter atmen lässt und Verspannungen im Schulter-Nacken-Bereich reduziert.
Der Patient sitzt auf einem Stuhl und hält die Unterarme auf den Oberschenkeln oder den Armlehnen eines Stuhls. Der betroffene Arm kann auch mit einer Schiene oder Gips ruhiggestellt sein.
Der Patient atmet durch leicht geöffnete Lippen langsam aus und drückt am Ende die Schultern nach unten. Der Schultergürtel senkt sich nach unten. In dieser Position atmet der Patient tief durch die Nase ein. Der Schultergürtel sollte sich nicht heben. Die Entspannung erfolgt beim Ausatmen.
Ein Satz entspricht 5 bis 7 Wiederholungen. Der Patient sollte zwei bis drei Sätze mit einer Pause von 30 Sekunden dazwischen ausführen.
Faustschluss
Der Stoffwechsel wird mit dieser Übung angeregt. Zusätzlich beugt die Übung einem Muskelabbau vor.
Die betroffene Hand platziert der Patient so, dass ausreichende Bewegungsfreiheit gegeben ist. Er hat den betroffenen Arm i einer Schiene oder mit Gips ruhiggestellt.
Der Patient ballt die Faust und hält die Position 5 Sekunden lang. Anschließend öffnet er die Hand, bis die Finger und die Handinnenfläche maximal gestreckt sind. Die Hand schließt er dann wieder zur Faust.
Ein Satz entspricht 7 bis 10 Wiederholungen. Der Patient führt zwei bis drei Sätze mit einer Pause von 30 Sekunden dazwischen aus.
Kneten von Knetmasse oder Softbällen
Der Patient benötigt als Hilfsmittel Knetmasse, einen Softball oder einen Schwamm.
Mit dieser Übung wird Muskelabbau vorgebeugt und der Stoffwechsel im Arm angeregt.
Der Patient nimmt Knetmasse, einen Softball oder einen Schwamm in die betroffene Hand. Der betroffene Arm ist mit Gips oder einer Schiene ruhiggestellt.
Mit langsamen, sanften Bewegungen knetet der Patient langsam die Knetmasse, den Ball oder den Schwamm in seiner Hand.
Bei dieser Übung entsprechen 15 bis 20 Wiederholungen einem Satz. Der Patient sollte zwei bis der Sätze mit einer Pause von jeweils 30 Sekunden Pause durchführen.
Bewegungserweiterung des Ellenbogens mit geeigneten Übungen ab der entsprechenden Belastungs- und Bewegungsfreigabe
Die folgenden Übungen sind erst dann möglich, wenn der Arzt die Belastung und Bewegung des betroffenen Arms wieder erlaubt. Vor der Durchführung der Übungen muss der Patient daher unbedingt Rücksprache mit seinem Arzt halten.
Beugen und Strecken des Ellenbogens im Sitzen
Mit dieser Übung soll die Bewegung des Ellenbogens mit einer geringen Belastung erweitert werden.
Der Patient sitzt an einem Tisch, auf den er den betroffenen Arm ablegt. Die Hand muss am Rande des Tisches liegen.
Mit dem Unterarm wischt der Patient über den Tisch, bis der Ellenbogen gestreckt ist. Er kehrt anschließend zurück in die Ausgangsposition.
Bei dieser Übung entsprechen 15 bis 20 Wiederholungen einem Satz. Der Patient sollte zwei bis drei Sätze mit einer Pause von 30 Sekunden dazwischen ausführen.
Streckung des Ellenbogens in Rückenlage
Der Patient benötigt als Hilfsmittel ein Handtuch.
Bei dieser Übung geht es um die behutsame Verbesserung der Ellenbogenstreckung.
Der Patient legt sich auf den Rücken auf eine Unterlage, die nicht zu weich ist. Unter den Oberarm, direkt oberhalb des Ellenbogens, legt er ein aufgerolltes Handtuch.
Der Patient streckt den Ellenbogen, solange er dabei keinen Schmerz verspürt. Dabei zeigt die Handfläche nach oben. Die Schultern dürfen nicht zu weit von der Unterlage abgehoben werden. Damit die betroffene Schulter unten bleibt, kann der Patient die nicht betroffene Hand auf die Schulter legen. Die Endposition wird ein paar Sekunden lang gehalten, bevor der Patient wieder in die Ausgangsposition zurückkehrt.
Ein Satz besteht bei dieser Übung aus 15 bis 20 Wiederholungen. Der Patient führt zwei bis drei Sätze mit einer Pause von 30 Sekunden dazwischen aus.
Strecken des Ellenbogens im Sitzen
Der Patient benötigt ein Handtuch als Hilfsmittel
Die Streckung des Ellenbogens soll mit einer geringen Belastung verbessert werden.
Der Patient steht oder sitzt. Die Handflächen legt er auf einem gut rutschenden Handtuch auf einem Tisch ab.
Die Hände schiebt der Patient auf dem Tisch entlang. Er streckt die Ellenbogen so weit, wie das ohne Schmerzen möglich ist. Anschließend kehrt er in die Ausgangsposition zurück.
Ein Satz entspricht 15 bis 20 Wiederholungen. Der Patient führt zwei bis drei Sätze mit einer Pause von jeweils 30 Sekunden aus.